Ziemlich lange haben die Fans auf das neue mazedonische EM-Trikot gewartet. Von allen Fans der teilnehmenden Nationen bei der anstehenden EURO 2020 musste man sogar am längsten ausharren.
Als Letzter präsentierte der Mazedonische Verband, als auch sein Ausrüster JAKO, das heiß ersehnte „erste historische EM-Trikot“. Und dann, begann das Drama, aber keines vom Elfmeterpunkt oder am Mittelkreis. Stand im Moment: Das Neue Trikot ist im Aus, das Alte wartet an der Seitenlinie auf sein Comeback beim Debüt. Vorhang auf:
Das Mazedonische EM-Trikot Drama – Erster Akt: „Historischer Farben-Fail für historisches Debüt-Event“
Wie wir in unserem Beitrag nach der Präsentation schon festgestellt haben, sind die gewählten Farbkombinationen für die neuen Trikots von Team Mazedonien total verfehlt. Das Heimtrikot Bordeaux-Rot mit weiße Streifen, das Alternative Trikot statt in Gelb-Rot nun in Schwarz-Orange.
Einzig das Auswärtstrikot blieb wie bisher mit der Hauptfarbe Weiß und gelben Applikationen fast gleich zum Vorgängermodell.
Das war für die Mazedonischen Fans eher ein Schock als ein Grund für Jubelstürme und Kauforgien. In ihren Fanliedern, als auch den offiziellen Sport-Songs und -Hymnen des Landes, wird von der „Rot-Gelben“ Auswahl gesungen. Nun soll man sich in den Nationalfarben Lettlands bei einer EM präsentieren? Bei der ersten EM überhaupt für das kleine Land mit einer noch jungen Fußballgeschichte! Das war dann doch zu viel des Guten, nach all dem was die Mazedonier die letzten Jahre haben erdulden müssen.
„Name weg, Geschichte weg, Identität weg, jetzt auch noch das Trikot in Nationalfarben sowie das Nationale Symbol Nummer 1, die Sonne, weg. Alles weg. Und das vor der ersten historischen EM Teilnahme“ um den Tenor der Entrüstung pauschalisiert zusammen zu fassen.
Der Aufschrei in Mazedonien war dann entsprechend heftig, sehr heftig. Umgehend hagelte es „Kritik“. Und konstruktiv war diese Kritik in den wenigsten Fällen: Unzählige Hasskommentare, Spott und Hohn mit eigens kreierten Memmes überschwemmten die Social Medias in einer Kommentarflut gepaart mit Trauer und Entsetzen.
Dies endete schlussendlich in einer Online-Petition die am ersten Halbtag schon über Zehntausend entrüstete Fans unterzeichneten. Sogar Aufrufe zu Proteste vor dem „Haus des Fußballs“ gab es. Ja, die Nerven lagen nach dem Farben-Debakel sprichwörtlich Blank. Verständlich, man hatte lange auf das neue EM-Trikot gewartet, und vermutlich auch erwartet das das Design des Vorgängers getoppt wird. Pustekuchen.
Dem Protest schlossen sich dann aber auch die zwei führenden Köpfe des aktuellen mazedonischen Fußballs an.
Der Kapitän der Herren Nationalmannschaft Goran Pаndev, als auch die Spielführerin der Damen Auswahl Mazedoniens haben Fotos mit dem „Alten“ Trikot gepostet. Der Kapitän Wort- bzw, gänzlich Kommentarlos. Natasha Andonova dagegen schrieb unter anderem: Rot und Gelb sind die Farben für die wir unser Leben geben!
Dazu beigetragen haben vermutlich auch Statements vom ersten Mann der mazedonischen Nationalmannschaft, als auch der ersten Frau der Damen Nati. #Mazedonien #EM #UEFA #EURO2020 pic.twitter.com/3P7NGCiZK9
— Makedonien.mk (@makedonien_mk) May 29, 2021
Ähnlich beim Ausrüster JAKO, die wenigen Kommentare die man auf ihrer Facebook Seite unter den Veröffentlichungen mit den neuen Trikots las, waren allesamt negativer Natur. Keiner schien die vom Unternehmen im Pressetext erwähnte „moderne Interpretation der Nationalfarben“ zu erkennen. Vielleicht auch, weil es bei Rot-Gelb nicht viel zu interpretieren gibt, außer das Rot-Gelb nicht Rot-Weiß und Gelb-Rot nicht Schwarz-Orange ist?
Dies führte den Ausrüster aus Deutschland sogar dazu am Tags darauf ein weiteres gepostete Bild nach wenigen aber ausnahmslos negativen Kommentaren von Deutschsprechenden Mazedoniern innerhalb einer Stunde zu löschen. Seitdem hat man sich nicht mehr auf Social Media zu Wort gemeldet.
LESETIPP: ‚Umstrittener‘ mazedonischer Fußball Film ‚The Third Half‘ auf YouTube in voller Länge
In dem erwähnten, nun gelöschten Beitrag hatte der Ausrüster der mazedonischen Nationalmannschaft, diese auch noch fälschlich als „nordmazedonische Fußball Nationalmannschaft“ bezeichnet. Ein User beklagte sich darüber und informierte den Hersteller mit einem offiziellen Leitfaden der mazedonischen Regierung als Anhang, dass kein solches Adjektiv (trotz Umbenennung des Staatsnamens) existiere.
Und man sich schämen sollte, als offizieller Ausrüster Mazedoniens davon keine Kenntnis zu haben. Dieser wurde kurzerhand vom JAKO Social Media Team zensiert. Sein Beitrag als Spam markiert, woraufhin dieser User von Facebook verwarnt wurde.
Fairplay, JAKO konnte da noch nicht wissen das dieser User genau jener sein wird, der diese Zeilen für diese Plattform tippen würde. Trotzdem Klassisches Eigentor. Wie ein bekannter mazedonischer Politiker einst sagte: „Eigentor per Hackentrick“.
UPDATE: Das mazedonische Sportportal Sport1.mk kontaktierte den Hersteller Jako. Wir zitieren die Antwort auf die Frage von Sport1:
„Die Leute von FFM haben uns gestern mitgeteilt, dass sie nicht wollen, dass Ihre Nationalmannschaft bei der EURO 2021 in den neuen Trikots mit dem Balkanluchs spielt. Damit hatte JAKO überhaupt nicht gerechnet. Hauptgrund für die öffentliche Revolte ist laut FFM die Farbe der Trikots. In dem Moment, als sich Mazedonien bei der Europameisterschaft platziert hatte, bat uns FFM um ein Trikot mit einem bestimmten Design mit dem Balkanluchs, in Bordeaux-Rot. Wir haben das Trikot genau nach unseren Vorstellungen produziert und am 28. Mai präsentiert“, sagt Nico Wagner, PR-Manager bei JAKO.
Zweiter Akt: „Stock-Photo als neues Maskottchen der mazedonischen Nationalmannschaft“
Aber mit der Debatte um die Farben war das „Mazedonische EM-Trikot Drama“ noch nicht beendet. Untergegangen ist in der hitzigen Diskussion über die total verfehlte und zumutbare Farbkombination ein weiteres absolut peinliches Detail. Oder vielleicht hat es keiner gesehen, da man vor lauter Tränen den weich gezeichneten Luchs nicht erkannte.
Der Luchs der auf dem langerwarteten EM-Trikot zu sehen ist, und uns am Anfang auch sehr ansprechend erschien, entpuppte sich letztendlich als 08/15 Vektor Stock-Vorlage aus dem Onlinehandel.
Wie dieser Luchs auf das offizielle mazedonische EM-Trikot landen konnte muss unserer Ansicht nach komplett aufgearbeitet werden. Denn dieser Fauxpas birgt Potenzial das man zum globalen Gespött werden kann. Nicht wenige Fans in Mazedonien forderten „rollende Köpfe beim Verband“. Dem kann man sich angesichts solch amateurhaften Verhaltens im Verband nur anschließen.
Denn, man kann vermuten das das klägliche Versagen mit dem neuen Maskottchen der Nationalmannschaft(en) beim Verband liegt. Noch bevor das Trikot vorgestellt wurde, präsentierte FFM diesen Luchs als Aufdruck vom Teambus der mazedonischen Mannschaft. Sogar als Smartphone-Wallpaper hat man den Fans diesen „Luchs aus dem Regal“ präsentiert. Das dieser auf den Trikot landen würde und den bedrohten einheimischen Balkanluchs repräsentieren sollte, haben einige zwar vermutet, aber nicht erhofft.
Fraglich ist an dieser Stelle aber auch die Qualitätskontrolle bei Ausrüster JAKO, der mit Mazedonien nur ein einziges Team bei der kommenden EM ausrüstet. Das eine leicht veränderte bzw. nur ergänzte Stock-Vorlage auf einem EM Trikot landete das man herstellt, wird vermutlich doch ein erheblicher Imageschaden für den Hersteller aus Schwaben werden. Strafe genug. Als namhafter und renommierter Hersteller aus dem Land mit dem Qualitätsmerkmal „Made in Germany“ sollte man über fähige Graphiker verfügen und seinen Kunden ein Komplettpaket anbieten können.
Hier hat das Unternehmen eine einzigartige Chance verpasst und wird das wohl mit Verlust von kalkulierten Einnahmen büßen. Wenn sie sich Vertraglich abgesichert haben, wird der katastrophale Fehler letzten Endes dann von uns, den Mazedonischen Steuerzahlern, berappt werden. Blutgrätsche von hinten in die Beine der Fans.
Dritter Akt: „Erklärungsversuche und Brief an die UEFA“
Nach den ersten zwei Akten verfasste der Präsident des mazedonischen Fußballverbands, Muamed Sejdini, einen Status auf Facebook. In diesem gab er kund, dass er nicht an der Ausarbeitung der neuen Trikots beteiligt war, mit denen die mazedonische Fußballnationalmannschaft ursprünglich bei der Europameisterschaft spielen sollte. Wie der Vorsitzende schreibt, haben man die UEFA informiert das man nun mit den alten Trikots teilnehmen wolle.
GALERIE: Das Beste Mazedonische Trikot!?
Mit „alt“ ist in diesem Fall die Trikot Garnitur von 2016 gemeint (siehe Bild unten mit Goran Pandev). Vordergründig natürlich das Rote Heimtrikot mit der markanten Sonne auf der Brust, mit dem man sich einen Platz bei der Endrunde erspielte.
Folgend der Status des Verbandspräsidenten:
„Als Präsident des mazedonischen Fußballverbandes fühle ich mich verpflichtet, mich an die Fußballfamilie bezüglich der Vorstellung des neuen Trikots der mazedonischen Nationalmannschaft für die EM zu wenden.
Zunächst möchte ich mein aufrichtiges Bedauern für die negativen Reaktionen ausdrücken, die durch die Farbe des neuen Trikots verursacht wurden. Uns ist bewusst, dass das Nationalmannschaftstrikot von klein auf eine Ehre und Ambition eines jeden Fußballspielers ist.
Das Nationalmannschaftstrikot wurde auf Wunsch der Spieler mit großer Freude vorbereitet. Das Team war auf der Suche nach neuen Nationalmannschaftstrikots. Diesem Anspruch wollten wir gerecht werden.
Leider entspricht der technische Support bezüglich der Farbe des Trikots nicht den Anforderungen von FFM. Der Verband und die Dienste in FFM übernehmen die volle Verantwortung für diese Wahl, fordern aber auch die Verantwortung vom technischen Partner.
Als Präsident des Bundes übernehme ich meine Verantwortung für mögliche Konsequenzen und kündige an, dass wir bei der Europameisterschaft mit den aktuellen Trikots spielen werden.
Die Tatsache, dass ich die Arbeit der Dienste von FFM bei der Erstellung des neuen Trikots nicht beeinflusst und Vertrauen in sie hatte, bedeutet nicht, dass wir schweigen sollten, wenn die Öffentlichkeit ihre Meinung äußert. Ich bestehe darauf, dass der Auftritt bei der Europameisterschaft für den wunderbaren Erfolg, den wir gemacht haben, in Erinnerung bleibt und nicht von Dingen überschattet wird, die leichter zu lösen sind.
Aufgrund der Reaktionen auf die Farbe des Trikots haben wir als mazedonischer Fußballverband ein schreiben an die UEFA gesandt, in dem wir Ersuchen die Spiele bei der EM mit den aktuellen Trikots auszutragen. Ich hoffe, dass die UEFA unsere Bitte versteht und darauf reagiert.
Wir haben bei der Qualifikation zu einer Europameisterschaft erstmals 2017 mit dem aktuellen Trikot der Nationalmannschaft gespielt. Mit diesem Trikot haben wir später einen historischen Erfolg mit der EM Endrunde erreicht. Und mit diesem Trikot werden wir uns bei der Europameisterschaft präsentieren, auf die wir uns alle freuen.
Ich lade Sie ein, unsere Helden mit einem guten Gedanken zur Europameisterschaft zu schicken. „Lasst den Fangeist der Wind im Rücken sein“.
Vierter und Letzter Akt? „Lieferengpass seit Jahren“
Abgesehen von der Diskussion in welchem Trikot nun Mazedonien seinen historischen ersten Auftritt bei einer Endrunde auf dem Spielfeld zu sehen sein wird, ist die Debatte um den Lieferengpass käuflich erwerbbarer Exemplare schon wesentlich Älter.
Egal was Mazedonische Fußball Fans, als auch Supporter aus der ganzen Welt versuchen um ein „originales Nationalmannschaftstrikot“ zu kaufen, es gelingt ihnen meist nicht. Einzig allein Fälschungen oder eigene Kreationen eines Fantrikots sind auf dem Markt erhältlich. Das trifft besonders auf das beliebte „Sonnentrikot“ zu. Man kann getrost behaupten das dieses Trikot auch das schönste ist, welches unsere Fußballer bisher tragen durften.
Auf unseren Plattformen, insbesondere auf unserer Facebook Seite Deutsch-Mazedonische Freundschaft erhalten wir schon seit Jahren Anfragen. Wir haben natürlich die Interessierten, darunter auch mal Sportreporter und sogar höherklassige Spieler aus Deutschland, immer an den offiziellen Fan Shop des mazedonischen Verbands FFM weitergeleitet. Nicht selten kam dann die Rückmeldung, „die haben leider keins vorrätig“. Enttäuschend.
Letzten Endes bleibt es abzuwarten wie das Drama um das mazedonische EM-Trikot enden wird. Das letzte Wort hat nun die UEFA. Ob diese ein Ohr für die Fans hat, bleibt ebenfalls abzuwarten. Vielleicht folgt dann sogar noch ein fünfter Akt des Dramas…
Offiziell anziehen dürfte Mazedonien ein Heimtrikot erst beim dritten Duell der EURO2020, beim letzten Gruppenspiel gegen die Niederlande. Paradoxerweise fungiert man mitten in Amsterdam gegen den eigentlichen Gastgeber der Partie als Heimteam. Aber das wird dann ein eigenes Drama werden. Ein Drama im und um den Mittelkreis, und vielleicht sogar auch vom Elfmeterpunkt.
QUELLE: Makedonien.mk