Ohrid bekam schlechtesten UNESCO Bericht bisher

Der UNESCO Status war und wird immer ein politisches Thema in Mazedonien bleiben. Als die jetzige stärkste Regierungspartei SDSM noch in der Opposition verweilte, nutzte man stets die Berichte der UNESCO um die Gegenseite zu diskreditieren. Nun ist man drei Jahre lang, fast schon vier, an der Macht und jetzt flattert der bisher schlechteste UNESCO Bericht über Ohrid ins Haus.

Die UNESCO veröffentlichte ihren vorläufigen Bericht über Ohrid, in dem alle Mängel der zentralen und lokalen Behörden beim Schutz dieser einzigartigen kulturellen und historischen Region aufgeführt sind. Die UNESCO bereitet sich darauf vor, Ohrid auf die Liste der gefährdeten Gebiete des kulturellen Erbes zu setzen, da die Stadt, der See und die umliegenden Stätten lange Zeit nicht von Behörden ausreichend geschützt wurden.

Unkontrollierte Stadtentwicklung

Eine der wichtigsten Einwände ist die unkontrollierte Stadtentwicklung – Alte Gebäude werden wieder aufgebaut, ohne auf den Stil und die Tradition von Ohrid zu achten. Auch werden ungeeignete Ergänzungen vorgenommen, wie Sonnenkollektoren an alten Häusern und auffällige Caféausrüstung auf den gepflasterten Straßen der Stadt.

Auch ‚größenwahnsinnige Projekte‘ erkannte die UNESCO in Ohrid, die sowohl die Natur als auch das kulturelle Erbe der Region gefährden.

Ein weiteres großes Problem, dass bisher keiner in den Griff bekommen konnte: der Müll. Die Nutzung unregulierter Deponien in der Umgebung von Ohrid trägt nur zur Verschlechterung der Haupttouristenattraktion Mazedoniens bei, berichtet die UNESCO.

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Die UNESCO fordert auch ein Ende oder eine Umleitung von Infrastrukturprojekten. Die internationale Organisation ist entschieden gegen den geplanten Yachthafen im Studenishte-Kanal, der ein wichtiges Feuchtgebiet ist. Es wird angerufen, die geplante Eisenbahnlinie und die Autobahnverbindung nach Kichevo sowie die Gaspipeline Bitola – Elbasan umzuleiten.

Des weiteren fordert die UNESCO außerdem Kontrollen für die Verwendung von Wasser aus dem See zur Energieerzeugung – ein wichtiger Aufruf angesichts des dramatischen Rückgangs des Wasserspiegels in Ohrid und insbesondere im Prespa-See.

Zaev’s Taktik: Gruevski ist Schuld!

Wie man es bisher nicht anders kennt, versucht die Regierung und insbesondere dessen Kopf Zoran Zaev die Schuld bei anderen zu suchen.

Premierminister Zoran Zaev hatte eine E-Konferenz mit einer Reihe von Ministern und lokalen Beamten abgehalten, um den von der UNESCO erstellten Bericht zu erörtern, in dem festgestellt wurde, dass das kulturelle und natürliche Erbe von Ohrid bedroht ist.

Zaev versuchte, die vorherige Regierung für die Überentwicklung der Region und die Bedrohung der einzigartigen Natur und des kulturellen Erbes von Ohrid verantwortlich zu machen, und versprach erneut, daran zu arbeiten, den Schaden wiederherzustellen.

Die mazedonische Öffentlichkeit dagegen erinnert sich an einen ‚gespalteten Zaev‘. Denn Zaev war es einst der bekanntlich sagte, dass er aus politischen Gründen nicht eingreifen kann, um einen Teil der rechtswidrigen Entwicklung zu stoppen.

Auch legendär die Aussage des Bürgermeisters von Ohrid, aus Zaevs eigener Partei, der sagte, dass er die Urbanisierung nicht stoppen kann, weil er getötet werden könnte, wenn er es tut.

Im Wahlkampf noch, als es darum ging das ‚Gruevski Regime‘ zu stürzen, klang dies alles noch ganz anders…

Fakten und UNESCO widersprechen Zaev

Entgegen der Schutzbehauptung Zaevs, die Vorgängerregierung sei Schuld, hat das mazedonische Portal 360° eine andere Meinung. Sie haben den Bericht eingesehen und dabei folgendes festgestellt:

Der 123-seitige Entwurf des UNESCO-Dokuments, in der wir Einblick hatten, bewertet, dass nicht nur die bestehenden Bedrohungen und Schwächen nicht beseitigt wurden, sondern seit 2017 (das Jahr der Machtübernahme) bis heute neue hinzugekommen sind.

Die Bedingungen für die Aufnahme der Region Ohrid in die Liste des gefährdeten Natur- und Kulturerbes der Welt sind erfüllt, da die 2017 vorgetragenen Verpflichtungen in den letzten drei Jahren nicht erfüllt wurden, heißt es im Entwurf des UNESCO-Berichts über die Lage in der Region Ohrid.

Im Gegenteil, der Entwurf des Dokuments kommt zu dem Schluss, dass die Entwicklung von Projekten, die dieses Schutzgebiet weiter gefährden, fortgesetzt wird, und es ist offensichtlich, dass die Region aufgrund erheblicher Managementprobleme und der schlechten Umsetzung des Rechtsrahmens sehr anfällig ist.

„Dies hat zu unzureichenden Interventionen, negativen Auswirkungen auf die Stadtplanung und einer zunehmenden Anzahl von Projektvorschlägen geführt, die zusammen zu einer ernsthaften Verschlechterung der städtischen, ländlichen und natürlichen Landschaften sowie zu Schlüsselmerkmalen ihres herausragenden universellen Werts geführt haben und das Gebiet förderfähig gemacht haben.“ in die Liste des gefährdeten Weltkulturerbes aufgenommen werden“ heißt es im Berichtsentwurf der UNESCO.

Wie wir daraus sehen, hatte die UNESCO schon 2017 den Finger erhoben und die Behörden ermahnt. Dies scheint jedoch nicht angekommen zu sein!

‚Ohrfeige von der UNESCO‘

Den gleichen Tenor schlägt auch die Deutsche Welle auf Mazedonisch an – was etwas verwundert. Denn man kann dieses Medium getrost als Sprachrohr der Regierungspartei SDSM bezeichnen. Sie kommen ebenfalls zu dem Schluss, dass die „Ohrfeige der UNESCO“ (so der Titel des DW Artikels) nicht auf die Vorgängerregierung zurückzuführen ist. Wir zitieren:

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In den letzten drei Jahren wurden nicht nur keine Schritte unternommen, um die Situation zu verbessern, sondern die UNESCO stellt in ihrem bislang kritischsten Bericht fest, dass weiterhin Projekte realisiert werden, die dieses Schutzgebiet weiter gefährden, und es ist offensichtlich, dass die Region aufgrund von sehr erhebliche Managementprobleme und schlechte Durchsetzung des Rechtsrahmens anfällig ist.

Wie die DW zusammen fasst, verlangt die UNESCO:

  • Entfernung illegaler Anlagen entlang des Seeufers und im Schutzgebiet der Stadt,
  • vollständiges Bauverbot,
  • Harmonisierung der Stadtpläne mit dem Plan zur Bewirtschaftung des natürlichen und kulturellen Welterbes der Region Ohrid;
  • Schutz der Altstadtarchitektur,
  • Entfernung von städtischer Ausrüstung um wichtige Sehenswürdigkeiten in der Stadt
  • Rekonstruktion des Fußgängerweges, der den Kanal „Studencista“ mit „Gorica 1“ verbindet

Die Ausführungen beziehen sich auf die übermäßige und unkontrollierte Verstädterung, die Langsamkeit im Umgang mit illegalen Bauten sowohl an der Küste als auch im geschützten Stadtgebiet, aber auch auf die Ausnahmeregelung für die Umwelt, den nicht funktionsfähigen Kollektor für Abwässer, das Fehlen einer Mülldeponie.

Stadt Ohrid: Wir waren die letzten 18 Monate nicht untätig

Die Stadtverwaltung antwortet auf die Ausführungen der UNESCO mit Gegenargumenten. Sie behaupten, dass sie in den letzten 18 Monaten viel getan haben.

„Wir haben ein Inventar illegal errichteter Gebäude erstellt, Werbetafeln und Palmen entfernt und ein vorübergehendes Moratorium für den Bau in der gesamten Gemeinde eingeführt“, sagte die Gemeinde und stellte einige der ergriffenen Maßnahmen vor.

Die Maßnahmen der Gemeinde Ohrid:

  • Ein umfassender Plan zur Bewirtschaftung des weltweiten Natur- und Kulturerbes der Region Ohrid wurde angenommen.
  • Der Prozess zur Erstellung von Stadtplänen für 18 Dörfer in Ohrid hat begonnen.
  • Auf einem Teil der Straße „Kay Makedonija“ wurde eine permanente Fußgängerzone eingeführt.
  • Eine Studie zur Valorisierung des Gebiets Studenchishko blato wurde aufgrund seiner Proklamation als Schutzgebiet erstellt.

„Die bedrohlichen Projekte für den Bau des Skizentrums am Berg Galichica und den Bau der Schnellstraße Ohrid – Kloster Sveti Naum wurden eingestellt. Der Wiederaufbau des Kollektorsystems des Ohridsees hat begonnen und ein neues öffentliches Unternehmen gegründet, das für die Kontrolle des Abwassersystems zuständig ist“, gab die Stadt Ohrid ergänzend an.

Demnach wurden sehr wichtige Schritte unternommen, um den Status des Weltnatur- und Kulturerbes zu bewahren, das der Region Ohrid gehört, und die Erfüllung der UNESCO-Empfehlungen für die Verwaltung bleibt eine Priorität – meint die Stadtverwaltung.

Verwendete und zitierte Quellen:

  • 360° – Mazedonisch: Што пишува во клучниот пасус од нацрт-извештајот на УНЕСКО: Охридскиот регион да се впише на листата на светско наследство во опасност
  • DW – Mazedonisch: Шамар од УНЕСКО поради негрижата за Охридското Езеро

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